Standpunkt
Chancen auf mehr Wachstum
Unsere ostwestfälische Wirtschaft spürt in diesem Herbst weiterhin starken Gegenwind. Es wird Zeit, den Kurs des Dampfers Deutschland neu abzustecken. Für Rückenwind muss auch die Politik sorgen. Das im Frühjahr beschlossene Wachstumschancengesetz hätte als Motor fungieren können. Dass das Entlastungsvolumen im Gesetzgebungsverfahren auf jährlich 3,2 Milliarden Euro mehr als halbiert wurde, lässt aber schon erahnen, was verpasst worden ist: eine Chance auf mehr Wachstum!
Dabei offenbart die nun auch von der Bundesregierung abgesenkte Wachstumsprognose den dringenden Handlungsbedarf. Unsere Wirtschaft braucht Impulse. Eine neue Chance bietet die im Sommer vom Kabinett beschlossene Wachstumsinitiative. Zumindest einige der 49 Punkte gehen in die richtige Richtung. Manch Vorschlag erfordert aber noch intensive Beratungen, zudem gibt es Absichtserklärungen ohne Aussicht auf zeitnahe Umsetzung.
Entscheidend ist aber, dass Verbesserungen schnell in den Unternehmen und im Betriebsalltag ankommen. Unsere Wirtschaft braucht Lösungen, die rasch wirken, um die Standortqualität zu verbessern, die Wachstumskräfte zu stärken und private Investitionen zu beleben. Weitere Maßnahmen müssen zudem insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit bei den Energiekosten und steuerlichen Rahmenbedingungen in den Blick nehmen.
Die Wachstumsinitiative bietet immerhin Ansätze, die zu begrüßen sind: Die mit dem Wachstumschancengesetz gerade eingeführte degressive Abschreibung wird bis 2028 verlängert und von 20 auf 25 Prozent erhöht — eine Erleichterung für Investitionen in die betriebliche Infrastruktur.
Hilfreich sein kann auch die Erhöhung der Bemessungsgrundlage für die Forschungsförderung von zehn auf zwölf Millionen Euro. Kleine und mittlere Unternehmen profitieren dabei besonders, da die maximale Zulage pro Jahr für sie auf 4,2 Millionen Euro ansteigt.
Förderlich im Kampf gegen den Fach- und Arbeitskräftemangel sollten die geplanten Flexibilisierungen von Arbeitszeiten sowie Anreize für Weiterarbeit nach dem Renteneintritt sein. Entscheidend für den Erfolg ist jedoch — wie so oft — die konsequente Umsetzung.
Bedeutsam gerade in Zeiten höherer Teuerungsraten ist der Kampf gegen die Kalte Progression. Der Einkommensteuertarif wird mit dem Gesetz für 2025 und 2026 angepasst, um inflationsbedingte Effekte auszugleichen. Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sollen so um insgesamt 23 Milliarden Euro entlastet werden, was hoffentlich auch den Konsum und damit unsere Wirtschaft anzukurbeln hilft.
Schließlich bleibt das Thema Bürokratie: Die geplante 1:1-Umsetzung von EU-Recht und Anpassungen beim Lieferkettengesetz sind wichtige erste Schritte, um unnötigen Verwaltungsaufwand zu reduzieren. Dies kann aber nur ein Anfang sein. Die Herbst-Konjunkturumfrage unserer IHK hat erneut gezeigt, dass überbordende Bürokratie für alle Unternehmen — ob in Industrie, Handel oder Dienstleistung und gleich welcher Größe und Branche — ein absolutes Ärgernis und eine echte Belastung ist.
Die Politik ist nun gefordert, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Und unserer Wirtschaft neue Chancen auf Wachstum zu eröffnen.