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Im Portrait

Die Suppen-Interpretin

„Miss Mineva‘s“ alias Minever Zevker ist aufgeregt – vor der Gründerin liegt eine spannende Zeit, denn in diesen Tagen werden die Displays mit den von ihr kreierten Tütensuppen in den ersten Supermärkten der Region aufgestellt. Besonderheit: Bei dem „Suppenwunder“ handelt es sich um ein fermentiertes Pulver, das aus rein natürlichen Zutaten besteht. Die Basis des Fertigprodukts bilden Hülsenfrüchte, Gemüse und Kräuter. In der nächsten Zeit wird die 41-Jährige selbst vor Ort sein und Kostproben ihrer Suppen anbieten. Ihr Credo: „Warum zwischen schnell und gut entscheiden, wenn auch beides geht“? 

GESUND ERNÄHREN DANK FERMENTATION 

Die Frage, was abends auf den Tisch kommen soll, treibt viele Familien umher – nach einem anstrengenden Arbeitstag folgt da gern zu Griff zur Tiefkühl-Pizza oder anderen Fertiggerichten. Selbst Mutter von zwei Kindern im Alter von sechs und acht Jahren, war Zevker oft frustriert, dass Convenience Produkte zwar schnell zubereitet, aber meist ungesund sind. Und kam so auf die Idee für ihre Gründung – die Herstellung von fermentiertem Suppenpulver, das Ruck-Zuck verzehrfertig und gleichzeitig gesund ist: Einfach in kaltes Wasser einrühren, anschließend zwei Minuten aufkochen – und genießen. Die Suppe, die in drei Geschmacksrichtungen erhältlich ist, enthält viele Ballaststoffe, ist proteinreich, vegan und glutenfrei. Zevker nutzt das Verfahren der Fermentation, bei dem die in Lebensmitteln enthaltenen organischen Substanzen – wie unterschiedliche Zucker – von Bakterien, Hefen und Pilzen in Enzyme umgewandelt werden. „Dabei entstehen jede Menge positive Ernährungseigenschaften für unseren Darm und unser Immunsystem. Lebensmittel werden bekömmlicher und die Nährstoffe können viel besser aufgenommen werden – ein richtiges Wunder der Lebensmittelherstellung. Kimchi und Sauerkraut werden auch diese Weise hergestellt“, erklärt Zevker, die sich inzwischen zur Expertin in Sachen Fermentation entwickelt hat, wie sie mit einem Augenzwinkern erzählt.

SUPPEN-TRADITION AUS SÜDEUROPA

„In der Türkei, Griechenland und auf dem Balkan gibt es eine jahrhundertalte Tradition; die Tarhana-Suppe. Jede Region und jede Familie hat ihr eigenes Rezept und sie gilt in diesen Ländern als ‚Wundersuppe‘ gegen Krankheiten und Wehwehchen aller Art. Ähnlich der bei uns in Deutschland beliebten Hühnersuppe“, erzählt Zevker. Während eines Wander-Wochenendes im Sauerland ist der gebürtigen Detmolderin die Idee zur Gründung gekommen: „Ich habe mich gefragt, wie ich diese traditionelle Suppe anders denken und neu interpretieren kann. Ich wollte die gesundheitlichen Vorteile der Fermentation beibehalten und die Zubereitung vereinfachen“, erklärt die Unternehmerin ihre Intention zur Gründung. „Dabei war es mir wichtig, ein natürliches Produkt mit einem guten Nährwertprofil zu entwickeln, das auch meinen Kindern schmeckt“, betont Zevker.

Durch Zufall sei sie in der Hotelbibliothek auf das Buch „Gründen mit Komponenten“ von Prof. Günter Faltin gestoßen. „Ich habe es gelesen und ab da hat mich das Thema Gründen nicht mehr losgelassen“, sieht Zevker das Buch als eine Art Initialzündung. Das Thema Selbstständigkeit sei kein neues für sie: „Mir steckt das Unternehmertum in den Genen. Mein Vater betreibt eine Pulverbeschichtungsfirma und schon als Kind habe ich oft im elterlichen Betrieb ausgeholfen. Ich weiß, was Selbstständigkeit bedeutet und hatte schon immer Respekt vor dieser enormen Verantwortung.“

WISSEN ALS PRODUKTMANAGERIN GENUTZT

Zu diesem Zeitpunkt hatte Minever Zevker bereits einen erfolgreichen Werdegang als Produktmanagerin hinter sich. Schon immer von Fernweh getrieben, entschied sie sich mit bereits 16 Jahren für einen USA-Austausch. Nach dem Abitur schloss sich ein Duales Studium bei der BSH Bosch-Siemens Hausgeräte in Süddeutschland an – mit Stationen in China und Großbritannien. Ihren Master im Bereich Strategisches Marketing machte sie von 2006 bis 2008 in Großbritannien. 2009 kehrte Zevker nach Deutschland zurück und fand einen Job bei Siemens in Braunschweig: „Dort war ich im Produktmanagement als strategische Marketingmanagerin und anschließend als Referentin des CEO in München tätig. Bahnautomatisierung war für mich eine völlig neue Welt, die mir aber viele neue Impulse beschert hat.“  

Anschließend leitete Zevker über sechs Jahre das Produktmanagement für zwei Produktlinien bei der Firma Trumpf Werkzeugmaschinen GmbH in Stuttgart. Mit ihrem Team war sie für das operative und strategische Produktmanagement verantwortlich: „Wir haben weltweit Kundenanforderungen gesammelt und auf dieser Basis unser Produktportfolio ausgebaut. Eine lehrreiche und extrem spannende Zeit“, blickt die Geschäftsfrau zurück. 2020 kehrte die inzwischen zweifache Mutter mit ihrem Mann nach Ostwestfalen in die Nähe der Familie zurück.    

MARKTANALYSE UND SELBSTVERSUCHE

Das besagte Wochenende im Sauerland brachte schließlich die Wende im Leben von Minever Zevker: „Ich habe monatelang zum Thema Fermentation und der Tarhana-Technik recherchiert, viel gelesen, den Markt analysiert und mit potenziellen Kunden über den Produktnutzen gesprochen“, beschreibt sie ihr Vorgehen. Und hofft, dass der aktuelle Food-Trend der Fermentation ihrem Start-up die nötige Schubkraft verleihen wird. Hinter der Gründerin liegen viele Selbstversuche in der eigenen Küche, monatelang hat sie selbst experimentiert. Nicht immer zur Freude ihrer Familie, verrät die Unternehmerin und lacht: „Unsere Küche war mit Utensilien vollgepackt und natürlich musste meine Familie die Suppen auch Probe essen. Aber so sind schließlich die drei Varianten Kürbis-Garam-Masala, Tomate-Paprika-Kräuter und Erbe-Minze-Kokos entstanden.“

Die Schwierigkeit habe darin bestanden, den Fermentationsprozess zu meistern, um den Geschmack der traditionellen Tarhana-Suppe so zu verändern, dass die typische Säure, die durchs Fermentieren entsteht, zu mildern. Zevker: „Mir war wichtig, dass die Suppen keine Stärke, Zusatzstoffe und Geschmacksverstärker enthalten. Ich wollte ein cleanes Produkt, das man seinen Kindern ohne schlechtes Gewissen geben kann und das zugleich ein Nährstoff-Booster ist.“

MUTIG SEIN: „THINK BIG“

„Der Austausch mit anderen Gleichgesinnten war essenziell für mich. Ohne die Unterstützung der Technischen Hochschule in Lemgo, der garage 33 aus Paderborn, der Gründungsberatung der IHK Ostwestfalen sowie meine Partnerunternehmen wäre die Realisierung meines Gründungsvorhabens nicht möglich gewesen“, betont Zevker: „Dafür bin ich sehr dankbar.“ Ihre Partnerunternehmen – das sind zwei mittelständische Lebensmittelfirmen aus der Region, die gemeinsam mit der Gründerin an ihrer Idee gearbeitet haben: „Das eine Unternehmen hat gemeinsam mit mir Rezepte ausprobiert, verschiedene Rohstoffe verwendet und den Prozess der Fermentation begleitet. Das andere Unternehmen hat sich sogar mit 24,9 Prozent an meinem Start-up beteiligt, so dass ich bereits über mittelständische Strukturen verfüge“, berichtet Zevker nicht ohne Stolz. „Für mich ist es der perfekte Deal. Ich stehe noch ganz am Anfang, kann aber auf die Infrastruktur der beiden Firmen zurückgreifen, das ist ein beruhigendes Gefühl. Inzwischen sind 1,5 Tonnen des Suppenpulvers produziert worden, die Displays mit den Produkten gepackt: „Bei der Anzahl ist mir schon etwas mulmig, aber meine Partner haben mich ermutigt und gesagt ‚Think Big‘. Umso mehr freue ich mich, dass bereits 15 Supermärkte mein Suppenwunder aufgenommen haben“, blickt Zevker mit Spannung auf die kommenden Wochen, in denen sie selbst Kostproben an potenzielle Kunden verteilen wird. Die Suppen, die auch im Onlineshop verfügbar sein werden, gibt es in zwei Verpackungsgrößen; als Tüte für zwei Portionen und in der Dose für 20 Portionen.  „Wir planen weitere fermentierte Convenience-Produkte, aber noch ist nichts spruchreif“, macht Zevker auf weitere Kreationen neugierig. 

KOMFORTZONE VERLASSEN

„Sucht euch Netzwerke, sprecht mit Freunden und Bekannten über eure Idee und vor allem - glaubt an euch selbst, traut euch was zu und verlasst eure Komfortzone. Es lohnt sich“, ermuntert Zevker potenzielle Gründerinnen. Trotz vieler Nachtschichten, vieler Zweifel und viel Frust habe sie gemerkt: „Da waren jede Menge positive Vibes und sehr viel Zuspruch. Mir haben meine Erfahrungen aus dem Produktmanagement geholfen, diese waren wie ein roter Faden für mich. Das hat mich bestärkt.“ Die Vorteile der Selbstständigkeit wüsste sie trotz des Arbeitspensums inzwischen sehr zu schätzen: „Ich kann selbst entscheiden wann und wo ich arbeite, viele Termine verbinden und mehr für meine Kinder da sein. Für mich kommt die Gründung zur richtigen Zeit, da ich jetzt, mit Anfang 40, auf ein breites Repertoire an Erfahrungen zurückgreifen und meine Fähigkeiten nutzen kann. Das gibt mir Sicherheit.“

EXPANSION GEPLANT

„Think Big“ – das hat sich die Gründerin auch für die Zukunft auf die Fahnen geschrieben; so plane sie weitere Supermärkte von ihren Produkten zu überzeugen und später vielleicht auch weitere europäische Länder zu beliefen.  „Ich stehe hinter meinem Produkt, möchte den Familien durch die einfache Zubereitung den Alltag erleichtern und gesundes Essen mit zusätzlichen Benefits bieten. Mein Ziel ist es, ein Unternehmen für fermentierte Convenience-Lebensmittel aufzubauen.“ Daher sei der Name ihres Unternehmens „Miss Mineva‘s“ auch so etwas wie Programm: „Die Gründung ist mir eine Herzensangelegenheit. Ich stehe zu 100 Prozent hinter meinem Produkt.“

Silke Goller

 

     

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