Standpunkt
Priorität für Wirtschaftspolitik
Die Wahl war nur der allererste Schritt. Entscheidend wird nun sein, dass es Friedrich Merz und der Union möglichst schnell gelingt, eine handlungsfähige und stabile Regierung zu bilden. Sie muss den viel zu lange vorherrschenden wirtschaftspolitischen Stillstand beenden, der für unsere Unternehmen Rückschritt bedeutet. Und sie muss die dringend benötigten Impulse für einen Aufschwung setzen. Kurzum: Die neue Bundesregierung muss Wirtschaftspolitik zum Top-Thema machen. Es geht darum, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und damit auch der ostwestfälischen Wirtschaft wiederherzustellen, die in den Stagnationsjahren sichtbar gewordenen strukturellen Schwächen des Standorts zu tilgen und mit der nötigen Entschlossenheit auch Reformen und Veränderungen umzusetzen.
Wir brauchen ein Sofortprogramm zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit. Das gilt beispielsweise bei den Energiekosten, die im internationalen Vergleich schlicht zu hoch sind. Für Strom zahlen Industrieunternehmen in Deutschland im Durchschnitt mindestens doppelt so viel wie in den USA oder in China. Günstigere Energie und eine gesicherte Versorgung wären wichtige Bausteine, um den Standort Deutschland wieder konkurrenzfähiger zu machen. Auch viele Unternehmen in Ostwestfalen warten dringend auf solch einen Schritt. Eine Reduzierung der Stromkosten durch Senkung der Netzentgelte und der Stromsteuer – und damit eine Entlastung der Wirtschaft in ihrer Breite und auch der Bürger – wäre ein erstes starkes Signal.
Aber auch die Arbeitskosten sind zu hoch, nicht zuletzt wegen der inzwischen auf 42 Prozent gestiegenen Sozialabgabenquote. Diese Entwicklung, die ohne Eingreifen in den kommenden Jahren weitergehen wird, zeigt beispielhaft den großen Reformbedarf, den wir in Deutschland haben. Dabei brauchen wir verbesserte Arbeitsanreize und wirkungsvolle Instrumente, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen, der nahezu alle Branchen betrifft und uns als große Herausforderung dauerhaft begleitet. Wir benötigen dafür auch eine fokussiertere Berufsorientierung, einen Ausbau der Weiterbildung, verbesserte Betreuungsangebote sowie eine gut gesteuerte Arbeits- und Fachkräftezuwanderung.
Von zentraler Bedeutung ist zudem konsequenter Bürokratieabbau. Es gibt viel zu viele und zu weitreichende Berichts- und Dokumentationspflichten. Hier muss es eine spürbare Reduzierung geben. Entsprechende Ankündigungen der EU-Kommission sind ein Hoffnungsschimmer, dem jetzt Taten auf allen Ebenen folgen müssen. Dazu zählt auch die Digitalisierung und Beschleunigung von Behördenprozessen. Wichtig wären etwa eine zentrale Plattform für alle wesentlichen Vorgänge zwischen Unternehmen und Verwaltungen oder auch Praxis-Checks für neue Gesetze und Verordnungen.
Eine weitere Stellschraube ist eine Unternehmenssteuerreform. Wir brauchen Anreize für Innovationen und Investitionen. In Deutschland liegt die durchschnittliche Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften bei rund 30 Prozent, im EU-Durchschnitt sind es nur gut 21 Prozent. Auch hier muss es Bewegung geben, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft wiederherzustellen. Entscheidend ist zudem, dass Politik wieder verlässlich wird. Die Unternehmen benötigen Planungssicherheit, insbesondere für langfristige Investitionen. Es muss jetzt höchste Priorität haben, den Hebel in der Wirtschaftspolitik umzulegen.