Ostwestfälische Wirtschaft

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Titelthema

Auf der Suche nach dem perfekten Kreislauf

In einer Welt, in der Ressourcen knapper und Umweltanforderungen strenger werden, steht die Wirtschaft vor einer wegweisenden Herausforderung: nachhaltiges Wachstum. Die Circular Economy, oder auch Kreislaufwirtschaft, bietet Unternehmen Ansätze, um die Umwelt zu entlasten und gleichzeitig wirtschaftliche Chancen zu erschließen.Im Gegensatz zum klassischen linearen Wirtschaftsmodell, das nach dem Prinzip „Take-Make-Waste“ funktioniert, setzt die Circular Economy auf geschlossene Kreisläufe. Ziel ist es, Produkte, Materialien und Rohstoffe so lange wie möglich im Umlauf zu halten oder alternativ zu kompostieren. Dies eröffnet vielfältige Möglichkeiten für Unternehmen, sich zukunftssicher aufzustellen.

Ressourcenschonung durch innovative Geschäftsmodelle

Die Wiederverwendung und Wiederaufbereitung von Materialien spielen eine zentrale Rolle. Statt Produkte nach Gebrauch zu entsorgen, entwickeln viele Unternehmen Rücknahmesysteme, um Materialien oder Komponenten wieder in die Produktion einzubringen. Ein Beispiel sind Leasing- oder Sharing-Modelle, die insbesondere in der Automobil-, Textil- oder Elektronikbranche immer mehr Anklang finden. Kunden bezahlen dabei nur für die Nutzung, während Unternehmen die Rückgewinnung und Weiterverarbeitung der Rohstoffe steuern.

Ein Vorreiter in der Kreislaufwirtschaft ist die Bauindustrie, in der recycelte Baustoffe immer häufiger verwendet werden. Durch digitale Technologien wie BIM (Building Information Modeling) können Baustoffe über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes hinweg nachverfolgt und später erneut eingesetzt werden.

Abfall als Rohstoff

Unternehmen erkennen zunehmend, dass vermeintliche Abfälle wertvolle Ressourcen sein können. Beispielsweise setzen Chemieunternehmen auf innovative Recyclingtechnologien, um Kunststoffe zu zersetzen und in ihre chemischen Bausteine zurückzuführen. Diese „Rohstoffe der Zukunft“ können dann wieder in neue Produkte einfließen. Die Herausforderung für die Industrie: Verfahren entwickeln, die energieeffizient und wirtschaftlich sind.

Lebensmittelhersteller nutzen Nebenprodukte wie Obstschalen oder Getreidereste, um neue Produkte wie Bioverpackungen oder Energieriegel zu entwickeln. Der Ansatz „Upcycling“ – die Aufwertung von Abfallprodukten – erschließt so neue Märkte und reduziert gleichzeitig die Abhängigkeit von Primärressourcen.

Technologischer Fortschritt und Digitalisierung als Treiber

Die Digitalisierung ist eine Schlüsselkomponente der Circular Economy. Plattformen für Materialtracking und -sharing ermöglichen es Unternehmen, ungenutzte Ressourcen weiterzuverkaufen oder gemeinsam zu nutzen. Zudem spielen KI-gestützte Prognosen eine immer größere Rolle, um Abfallströme präzise zu analysieren und Recyclingprozesse effizienter zu gestalten.

Auch die Blockchain-Technologie findet Anwendung, um die Herkunft und Qualität von Materialien transparent zu dokumentieren. Dies stärkt nicht nur das Vertrauen der Kunden, sondern schafft auch die Basis für die Entwicklung neuer Zertifizierungssysteme.

Mehr als nur Umweltschutz

Für Unternehmen bringt die Circular Economy nicht nur ökologische Vorteile. Sie eröffnet auch wirtschaftliche Potenziale: geringere Materialkosten, höhere Versorgungssicherheit und eine stärkere Kundenbindung durch nachhaltige Produkte. Zudem stärkt die Anpassung an Kreislaufmodelle die Innovationskraft und macht Unternehmen widerstandsfähiger gegenüber Schwankungen auf den Rohstoffmärkten.

Die Circular Economy ist deshalb nicht nur ein Trend. Sie ist ein Ansatz, der langfristig die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen sichern kann. Indem Betriebe Abfälle als Ressource begreifen, neue Geschäftsmodelle entwickeln und innovative Technologien nutzen, positionieren sich Unternehmen nicht nur als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit, sondern auch als zukunftsfähig und resilient.

Mut erforderlich

Der Umstieg auf die Circular Economy erfordert Mut und Investitionen – doch die Ergebnisse sprechen für sich: mehr Nachhaltigkeit, mehr Innovation, mehr Erfolg. Es liegt an den Unternehmen, die Chancen der Kreislaufwirtschaft zu ergreifen und damit den Grundstein für eine lebenswerte und profitable Zukunft zu legen.

Uwe Lück, IHK 

     

HINTERGRUND

Folgende Initiativen in der Region unterstützen Unternehmen auf ihrem Weg zum zirkulären Wirtschaften:

„CirQualityOWL plus"

Das Projekt „CirQualityOWL plus" ist eine regionale Initiative in Ostwestfalen-Lippe (OWL), die darauf abzielt, die Prinzipien der Circular Economy in den Branchen Gesundheit, Kunststoffe, Lebensmittel und Bauwesen zu integrieren. Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Verwaltung und Gesellschaft sollen zusammengebracht werden, um das Konzept der Circular Economy aus der Theorie in die Praxis zu überführen.

Unter der aktiven Beteiligung von zwölf Partnern aus der Region wurde ein umfassendes Vorhaben ins Leben gerufen, das die Transformation der regionalen Wirtschaft hin zu einem nachhaltigen und zirkulären Modell vorantreibt. Das Projekt wird mit insgesamt rund 2,5 Millionen Euro aus Landesmitteln und Mitteln aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bis Ende 2026 gefördert.

Die Partnerorganisationen Energie Impuls OWL e.V., Food-Processing Initiative e.V., Fraunhofer IOSB-INA, Hochschule Bielefeld, Institut für Kunststoffwirtschaft OWL der Lippe Bildung eG, Lippe zirkulär des Kreises Lippe, owl maschinenbau e.V., Smart Recycling Factory des Abfallentsorgungsbetriebs des Kreises Minden-Lübbecke, Technische Hochschule Ostwestfalen-Lippe, VDI Verein Deutscher Ingenieure OWL Bezirksverein e.V. und Zentrum für Innovation in der Gesundheitswirtschaft OWL e.V. haben sich zusammengeschlossen, um in ihren profilgebenden Sektoren die Circular Economy von einer Idee zu einer realen Möglichkeit zu machen.

Das Hauptziel von CirQualityOWL plus ist es, die Akteure in OWL für Transformationsprozesse zu befähigen und die Strategie des Regionalen Handlungskonzepts der Region umzusetzen. Im Fokus stehen dabei vier Aktionsfelder:

  • Qualifizierung künftiger Fach- und Führungskräfte für die Circular Economy: Durch gezielte Bildungsangebote sollen zukünftige Entscheidungsträger mit den Prinzipien und Praktiken der Circular Economy vertraut gemacht werden.
  • Lösungen für zirkuläres Lieferketten-Management (SSCM): Entwicklung von Strategien zur Implementierung zirkulärer Prozesse entlang der gesamten Wertschöpfungskette.
  • Bauwende zum zirkulären Denken und Wirtschaften: Förderung nachhaltiger Baupraktiken durch Wiederverwendung von Materialien und Ressourcenoptimierung.
  • Abfall- und Kreislaufwirtschaft der Zukunft für OWL: Entwicklung innovativer Konzepte zur Reduzierung von Abfällen und zur Förderung des Recyclings.

InCamS@BI: Forschungsbasierter Transfer für eine innovative Circular Economy

Im Projekt InCamS@BI, dem „Innovation Campus for Sustainable Solutions“ an der Hochschule Bielefeld (HSBI) und der Universität Bielefeld, entwickelt ein interdisziplinäres Team innovative Ideen, die Antworten auf die Frage liefern sollen, wie Kunststoffe in die Circular Economy integriert werden können. Experten aus Kunststofftechnik, Ingenieurwesen, Physik, Chemie, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftspsychologie und Innovationsmanagement erarbeiten Projektskizzen – gemeinsam mit und für Unternehmen und Gesellschaft.

Für die Wirtschaft bietet eine Kooperation mit InCamS@BI Möglichkeiten, sich mit zirkulärer Wertschöpfung zu befassen: Zusammen mit den Unternehmen werden konkrete Herausforderungen, Innovationsbedarfe und Potenziale identifiziert und Ideen generiert. Mit innovativen Veranstaltungsformaten wie Expert Panels, Makeathons oder Barcamps bringt InCamS@BI Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft miteinander ins Gespräch. So entsteht ein Netzwerk, von dem alle Partner profitieren können. Als Hilfestellung für Unternehmen auf dem Weg in die Circular Economy erstellt das Team Technologie-Checks sowie Leitfäden, Methodenkataloge und Handlungsempfehlungen.

Für den Einstieg in das Thema haben die Akteure des Projekts eine Wissensbasis für die Circular Economy erarbeitet, die im Internet zur Verfügung steht: www.hsbi.de/incamsbi/wissensbasis-circular-economy. Fünf Kapitel bilden einen niedrigschwelligen Einstieg und erläutern, was Circular Economy eigentlich ist und auf welchen Prinzipien das Konzept beruht. Anhand konkreter Produktbeispiele wird gezeigt, welche Vorteile die zirkuläre Wirtschaftsweise im Anwendungsfall bietet oder wie zirkuläre Wertschöpfung mit Bioökonomie und regenerativen Energien zusammenhängt.

CE:FIRE - zirkulär.frugal.regenerativ

„Ein Innovationsschub für nachhaltige, resiliente Wirtschaft und Klimaschutz in Ostwestfalen-Lippe, Südwestfalen und im Bergischen Städtedreieck“, möchte das Projekt CE:FIRE initiieren. Darin arbeiten fünf Akteure zusammen: InnoZent OWL e.V. (Konsortialführung), OWL Maschinenbau e.V., Neue Effizienz gGmbH, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie gGmbH und die Wirtschaftsförderung Kreis Soest GmbH. Die IHK Ostwestfalen ist als einer von acht assoziierten Partnern ebenfalls beteiligt.

Im Mittelpunkt der Initiative stehen sogenannte frugale Innovationen: Bei diesen steht die Kernfunktion eines Produktes im Mittelpunkt, basierend auf den Bedürfnissen der Zielgruppen. Außerdem weisen die Produkte durch qualitativ hochwertiges Design lange Lebenszyklen auf. Dies geschieht oft durch die Neukombination bestehenden Wissens und vorhandener Technologien, ohne aufwändige, dedizierte Forschungs- und Entwicklungsinvestitionen. Sie sollten weniger komplex, wettbewerbsfähig, qualitativ-hochwertig und ressourcenschonend sein. Auch mit diesen neuen Entwicklungen soll die Circular Economy vorangetrieben werden, indem sie wirtschaftliche Anreize bieten.

 

TIPP

„Zirkularität gewinnt!“: Neuer NRW-Preis Ressourcenschonung gestartet 

Mit dem neuen NRW-Preis Ressourcenschonung startet die Effizienz-Agentur NRW (efa) unter dem Motto „Zirkularität gewinnt!“ eine Weiterentwicklung des seit dem Jahr 2000 regelmäßig vergebenen Effizienz-Preises NRW. Gemeinsam mit dem Nachwuchspreis MehrWert NRW rückt die Preisverleihung die Themen Ressourcenschonung, Circular Economy und nachhaltige Innovationen ins Rampenlicht, teilt die Effzienz-Agentur NRW mit. Neben den Preisgebern efa und Verbraucherzentrale NRW sind die NRW.BANK und erstmals HANDWERK.NRW als Kooperationspartner mit dabei. Unternehmen, Studierende und Auszubildende sind eingeladen, sich ab sofort mit ihren innovativen Projekten und Ideen zu bewerben.

Der NRW-Preis Ressourcenschonung will neue Maßstäbe setzen, indem besonders innovative zirkuläre Produkte und Geschäftsmodelle ausgezeichnet werden, die einen Beitrag zur Circular Economy leisten. Damit greift der Preis das Leitmotiv der efa auf: „Ressourcen schonen. Zirkulär wirtschaften.”

„Die Entwicklung zirkulärer Produkte und Geschäftsmodelle ist ein zentraler Baustein, um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren, Treibhausgasemissionen zu senken und Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen“, sagt Dr. Peter Jahns, Leiter der Effizienz-Agentur NRW. „Mit dem NRW-Preis Ressourcenschonung möchten wir öffentlichkeitswirksam zeigen, was heute schon möglich ist, und Unternehmen motivieren, diese Wege ebenfalls zu gehen.“

Die Beurteilung der eingereichten Projekte erfolgt durch eine unabhängige Jury, die die Einreichungen nach Innovationsgrad und Praxisrelevanz bewertet. Die besten Projekte werden mit einem Preisgeld von insgesamt 20.000 Euro prämiert.

Unternehmen können sich bis zum Donnerstag, 15. Mai, direkt unter www.efa.nrw bewerben.

Nachwuchspreis MehrWert NRW: Kreative Ideen für eine ressourcenschonende Zukunft

In Kooperation mit der Verbraucherzentrale NRW bietet der Nachwuchspreis MehrWert NRW zum fünften Mal Studierenden, Absolventinnen und sowie Auszubildenden eine Plattform, um originelle neue Produkte, Dienstleistungen oder Konzepte für Verbraucherinnen und Verbraucher vorzustellen, die auf kreative Weise dabei helfen, Ressourcen zu schonen und nachhaltiger zu leben.

Der Nachwuchspreis ist mit 3.000 Euro dotiert, die besten Beiträge werden ebenfalls von einer Jury ausgewählt. Bewerbungen sind bis Mittwoch, 30. Juli, möglich.

 

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