Ostwestfälische Wirtschaft

Herausgeberin
Industrie- und Handelskammer
Ostwestfalen zu Bielefeld

Verlag, Anzeigenvermarktung und Layout
durch amm GmbH & Co. KG



LogoEin Service der amm GmbH & Co. KG

Titelthema

Gutes Klima schaffen

Lebensphasenflexibilität, Diversity, mo­bi­les Arbeiten oder Kinderbetreuung – die Liste an Angeboten für eine familienfreundliche Arbeitswelt beschränkt sich längst nicht mehr auf einzelne Maßnahmen. Vielmehr wird das Thema Teil der Firmenkultur, systematisch und verlässlich. Die Frage nach der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wird drängender.

„Mein Kind muss zum Arzt — kann ich meine Projekttermine einhalten?“ Es ist eine Frage, mit der Agenturchef Mark Heuermann im Arbeits­alltag durchaus häufiger konfrontiert wird. Und die er mit „ja“ beantwortet: „So etwas kann im Team aufgefangen werden.“

Heuermann hat gemeinsam mit Boris Römer 2011 die IT- und digitale Marketingagentur „epunks“ in Bielefeld gegründet. Insgesamt 13 Personen bilden das Team, die Bedürfnisse von zehn Kindern gilt es im Agenturalltag mit zu berücksichtigen. Dies gelinge unter anderem auch, weil sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Tag flexi­bel einteilen könnten. Über die Woche verteilt gebe es lediglich zwei feste Termine und selbst an denen sei ein Zuschalten aus dem Homeoffice möglich. Er setze auf Eigenverantwortung statt Präsenzkultur.

„Viele große strukturelle Angebote können wir, anders als ein Konzern, nicht machen“, beschreibt Heuermann seine Situation. Dennoch: Ein Jobrad-­Angebot gehöre dazu oder ein Zuschuss zur Brille. Hunde seien in den Agenturräumen ebenfalls willkommen. Meetings würden nicht um 17 Uhr angesetzt. Als Team-Event stehe die jährliche Fahrradtour über zwei bis drei Tage fest im Kalender.

HOHES LEVEL AN GEGENSEITIGEM RESPEKT

„Unser Miteinander ist durch ein sehr hohes Level an gegenseitigem Respekt und gemein­­-samer Zielorientierung geprägt“, beschreibt Heuermann das Binnenklima. Feste Schreibtische gebe es nicht, jeder suche sich seinen Platz, auch die beiden Agenturchefs. Der Besprechungsraum heißt „Plattenzimmer“ und ist unter anderem mit Plattenspieler, Verstärker und Kicker eingerichtet. Das Vinyl im Regal stammt von Bands wie den Beatsteaks, Red Hot Chili Peppers oder Metallica. Mittendrin die Urkunde für „Ausgezeichnet Familienfreundlich“ aus dem Jahr 2023. Heuermann will auch in diesem Jahr wieder an dem Wettbewerb teilnehmen. An der Wand lehnt eine E-Gitarre. Für den gebürtigen Herforder bedeute „Punk Spirit“, das Motto seiner Agentur, nicht Destruktivität, sondern Gedanken zu durch­brechen und Gegensätze zu harmonisieren.

„Eine Hand fürs Boot, eine Hand für sich selbst. Das passt in jede Lebenssituation“, nennt der 49-Jährige eine Seglerweisheit als sein persönliches Credo. „Und das gilt auch im Teamgefüge — ich muss mich um mich selbst kümmern, aber auch ums Team.“ Diese Sichtweise habe in der Praxis dazu geführt, dass ihr Chefprogrammierer seine Elternzeit auf verschiedene Blöcke aufgeteilt habe. Gegenüber ihren Kunden hätten sie dies rechtzeig bekannt gegeben, Aufträge seien entsprechend planbar gewesen, Transparenz entscheidend.

„Der vertrauensvolle Umgang ist das Wichtigste, was wir uns bewahren müssen.“ Dann ist auch der spontane Arztbesuch mit dem kranken Kind kein Problem.

VORGESETZTE ALS VORBILD

Wird Larissa Roy-Chowdhury nach der wichtigsten Veränderung beim Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefragt, kommt sie schnell zum Punkt: „Wir sprechen heute nicht mehr über eine Sammlung von Einzelmaßnahmen, sondern darüber, dass das Thema strukturiert und verlässlich in Unternehmensprozesse eingebunden wird. ‚Was brauchen unsere Beschäftigten?‘, lautet die Leitfrage.“

Firmen würden diesen Bedarf über Umfragen ermitteln, um so die Zielgruppen im Unternehmen zu erreichen. Dabei spiele Kommunikation eine wichtige Rolle. So können beispielweise in einem firmeninternen Blog Best-Practice-Geschichten erzählt werden. „Und Vorgesetzte spielen eine wichtige Vorbildfunktion. Es gibt Untersuchungen, die belegen, dass Väter länger Elternzeit nehmen, wenn ihre Vorgesetzen dies ebenfalls in Anspruch genommen haben.“ Dabei sei Verlässlichkeit wichtig — das Angebot müsse auch dann noch gelten, wenn die Führungskraft wechselt, und somit zum Bestandteil der Unternehmensstruktur werden.

WETTBEWERBS- UND STANDORTVORTEIL

Roy-Chowdhury ist Referentin im Netzwerkbüro „Erfolgsfaktor Familie“ bei der DIHK Service GmbH mit Sitz in Berlin. Seit über zehn Jahren begleitet und gestaltet sie die Inhalte in dem Unternehmensnetzwerk mit. Gestartet ist das Projekt 2007 auf Initiative des damaligen Bundes­ministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und dem damaligen Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Aktuell wird es vom Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert und von der DIHK unterstützt.

Ging es zu Beginn darum, die Müttererwerbs­tätigkeit zu steigern, indem mehr Teilzeitangebote geschaffen wurden, habe sich das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf mittlerweile zu dem eingangs zitierten Thema der Firmen­kultur weiterentwickelt. „Heute ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein Wettbewerbs- und Standortvorteil, der der Fachkräftesicherung dient und auch bei Vätern zunehmend eine wichtige Rolle spielt.“

Dem Unternehmensnetzwerk gehören mittlerweile knapp 9.000 Mitglieder an. Geschätzt werde der Erfahrungsaustausch und das Lernen von Praxisbeispielen. „Ein Dienstleister aus der Versicherungsbranche hat mir kürzlich erzählt, dass er alles macht, um seine Fachkräfte zu halten und deshalb nun auch ‚Workation‘ ermöglicht.“

Die Angebote des Netzwerkes richteten sich vor allem an kleine und mittlere Unternehmen. „Von KMU kann man viel lernen. Sie haben flache Hier­archien und kennen die private Situation ihrer Beschäftigten. Viele wissen gar nicht, was sie Tolles erfunden haben“, ermuntert Roy-Chowd­-hury zum Austausch.

Im aktuellen „Unternehmensmonitor Familien­freundlichkeit“ aus dem Jahr 2023 gaben 88 Pro­zent der befragten Unternehmen an, dass sie Familienfreundlichkeit unterstützen, um qualifizierte Beschäftigte im Betrieb zu halten. 87 Prozent sagten, dass ihnen die Bedürfnisse der Mitarbeitenden wichtig sind und für 84 Pro­zent sind solche Angebote wichtig, damit die Mitarbeitenden ihre Arbeitszeiten einhalten oder aufstocken können. Als wichtiges Fachkräfte-Recruiting-Instrument nannten 83 Prozent der Befragten das Thema Familie und Beruf. Und sogar 78 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die keine kleinen Kinder haben oder Angehörige pflegen, sind davon überzeugt, dass Familienfreundlichkeit und entsprechende Angebote wichtig sind. „Das Rad lässt sich nicht mehr zurückdrehen“, freut sich Roy-Chowdhury, „kulturell hat sich viel verändert. Außerdem steigt die Wechselbereitschaft bei Beschäftigten, wenn es keine familienfreundlichen Angebote des Arbeitgebers gibt.“

ZENTRALER FAKTOR FÜR PRODUKTIVITÄT

Die Corona-Pandemie sei ein „großer Booster“ für das Thema Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewesen. Gleichzeitig habe sie zu der Erkenntnis geführt, dass Kinderbetreuung ein zentraler Faktor für die Produktivität sei. „Unternehmen mit familienbewusster Tradition verfügen über eine höhere Resilienz und sind besser durch die Krise gekommen“, zitiert Roy-Chowdhury eine weitere Studie.

Lag der Fokus durch die Pandemie auf Büroarbeitsplätzen und deren Verlagerung ins Home­-­office, könne in bestimmten Branchen wie Dienst­-leistung, Handel, Pflege oder in der Industrie „nur vor Ort“ gearbeitet werden. „Es besteht ein großes Interesse an familienfreundlicher Schichtarbeit.“ So könnten Pflegekräfte beispielsweise Einfluss auf den Schichtplan nehmen oder flexibel Schichten tauschen, wenn die familiäre Situation es erfordere. In so genannten „Elternschichten“ werde der Beginn der Frühschicht mit den Öffnungszeiten der Kita oder dem Unterrichtsbeginn in der Grundschule koordiniert. Auch könnten für pflegende Angehörige die Tagesschichten „reserviert“ werden. „All das ist eine große Kommunikationsaufgabe für den Arbeitgeber, damit innerhalb der Belegschaft keine Neiddebatte aufkommt.“

PFLEGE UND BERUF –

NÄCHSTE HERAUSFORDERUNG

Als nächste große Herausforderung kommt auf die Unternehmen das Thema Pflege und Beruf zu. Seit knapp zwei Jahren sei der Informationsbedarf stark gestiegen. Unternehmen würden mit der Qualifizierung von Pflegelotsen beginnen, oft sei eine persönliche Betroffenheit bei denjenigen vorhanden, die sich schulen ließen. „Es muss sich eine neue Gesprächskultur in den Unternehmen entwickeln, das Thema muss enttabuisiert werden“, sagt Roy-Chowdhury. Viele pflegende Angehörige seien „tief erschöpft“, gleichzeitig sei der Beruf extrem wichtig, um aus der Pflege­situation herauszukommen, Kontakte zu pflegen und die eigene Rente zu sichern. „Es ist ein ähnlicher Impact wie bei Familien mit Kindern. Erforderlich ist eine hohe Flexibilisierung, wenn die Pflege spontan Termine erfordert. Gleichzeitig sind Verlässlichkeit und Planbarkeit notwendig, indem beispielsweise das wöchentliche Meeting immer montags um 11 Uhr stattfindet. Die Anforderungen an die Vereinbarkeit von Beruf und Pflege wird die Arbeitswelt nachhaltig verändern.“ Der nächste Kulturwandel beginnt.

DAYTIME CLEANING

FLEXIBILISIERT SCHICHTSYSTEM

Ein Beispiel dafür, wie ein flexibles und familien­freundliches Schichtsystem ausgestaltet sein kann, liefert die ADU Urban Service Gruppe. „Wir bieten ein ‚Daytime Cleaning‘ an. So können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch in Ruhe ihre Kinder in die Kita bringen, bevor sie mit der Arbeit starten“, sagt Marketingleiter Julian Urban. Es war eine Idee aus den Reihen der Beschäftigten. Oft sei es im Bereich des Gebäudeservice noch üblich, dass Büros gereinigt werden, wenn die Beschäftigten nicht anwesend sind — also frühmorgens oder abends. Und somit zu familienunfreundlichen Zeiten.

Die in Paderborn ansässige Unternehmensgruppe bietet Dienstleistungen in den Bereichen Gebäude­service, Sicherheitsdienste und Personalservice an. Beschäftigt werden über 3.000 Mitarbeitende, die Dienstleistungen werden bundesweit erbracht. Den Jahresumsatz beziffert das Unternehmen auf über 52 Millionen Euro. 1993 von Jürgen Urban gegründet, rückt mit Julian Urban und dessen Schwester Cherien die zweite Generation im Familienunternehmen nach.

BUDDY-SYSTEM

HILFT BEIM EINSTIEG

Im Jahr 2023 wurde ADU als familienfreundliches Unternehmen ausgezeichnet. „Das Thema wird für die Fachkräftegewinnung immer wichtiger“, merkt Urban an. Neben einem strukturierten Onboarding-System setze die Unternehmensgruppe dabei verstärkt auf ein „Buddy-System“, das neue Mitarbeitende mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen aus anderen Abteilungen zusammenbringe. „Momentan arbeiten wir daran, unser ‚Buddy-System‘ auch für Mütter oder Väter weiterzuentwickeln, um den Wiedereinstieg nach der Elternzeit zu erleichtern", ergänzt Nicole Erbes, Assistentin der Geschäftsführung. „Nach mehreren Monaten oder gar Jahren Auszeit kann sich im Unternehmen viel verändert haben. Ein vertrauter Ansprech­partner erleichtert die fachliche sowie die soziale Reintegration und vermittelt Sicherheit in einer sensiblen Übergangsphase.“ Gleichzeitig arbeite ADU daran, weitere Bedarfe von Müttern und Vätern zu erkennen und passende Angebote zu entwickeln. „Dazu zählt auch die wachsende Sensibilisierung für Mitarbeitende mit pflegebedürftigen Angehörigen, die oft ebenfalls auf flexible Strukturen und individuelle Begleitung angewiesen sind“, nennt sie ein weiteres Beispiel für Familienorientierung des Unternehmens.

ADU biete darüber hinaus auch außerhalb des Arbeitsalltags Hilfestellungen an: „Mitarbeitende erhalten auf Wunsch Hilfe beim Ausfüllen von Formularen, der Vorbereitung von Terminen oder der Kommunikation mit Ämtern und Behörden. Auch bei privaten Belas­-tung­en, wie etwa fa­miliären Konflik­-ten oder finan­ziellen Engpässen, steh­enwir mit Rat, praktischer Hilfe und einem offenen Ohr bereit“, zählt Urban weitere Unterstützungsangebote auf.

Außerdem ge­währe die Gruppe ihrenMit­arbei­­ter­innen und Mit­arbei­tern Darlehen oder Vor­schüsse, wenn bei­spielsweise die Wasch­­­maschine kaputt gehe. Das Angebot richte sich insbesondere an die Beschäftigten im Mindest­-lohnsektor.

In der eigenen Urban Akademie werden Qualifizierungen angeboten, beispielsweise zum Thema ergonomisches Reinigen. Im abgelaufenen Geschäftsjahr waren es knapp 1.700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Aktuell werde ein weiterer Vorschlag aus der „Ideenbox“ der Mitarbeitenden geprüft: Physiotherapie.

Die Vielzahl an Angeboten wirke sich auf die Motivation und Zufriedenheit der Mitarbeitenden aus, ist Urban überzeugt, und macht es an Kennzahlen fest: Die für die Branche sehr niedrige Fluktuation im Gebäudeservice betrage drei Prozent, bei den Sicherheitsdiensten seien es zwei Prozent. Außerdem: „Bei uns arbeiten meh­rereGenerationen und wir sind selbst ein fa­mi­-lien­geführtes Unter­­neh­­men. Das Thema Familien­freund­lich­keitwird bei uns seit der Grün­dung in­formell gelebt.“

Und wie profitiert der 26-Jährige persönlich? „Ich schrei­be mo­men­tan meine Masterarbeit und nutze da­-für unsere flexiblen Arbeitszeiten.“

„WIR WARTEN AUF DICH“

„Wir wollen dich und warten auf dich“ — diesen Satz würden viele Frauen sicher gerne hören, wenn ein interessantes Bewerbungsverfahren läuft und sie zum Zeitpunkt der Ausschreibung gerade schwanger sind. Bei der NTT DATA Business Solutions mit Sitz in Bielefeld ist das kein Widerspruch, sondern gelebte Realität. Das international agierende SAP-Beratungshaus schafft mit seiner „Family First“-Strategie Angebote für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie — nicht nur auf dem Papier, sondern konkret im Alltag. Sei es das Väternetzwerk für den Austausch und die Rolle von Vätern im Berufsleben, die Teilnahme an einem Employee Assistance Program, das den Mitarbeitenden in schwierigen Lebenssituationen hilft, eine besondere Unternehmensregelung für die maximal zweitägige Lohn­-fortzahlung im Krankheitsfalle eines Kindes oder das Eltern-Kind-Büro für Betreuungs­notfälle — die Liste ist lang. Ergänzt wird sie durch flexible Arbeitsmodelle sowie die Mög­lichkeit zur Workation.

FÖRDERUNG VON FRAUEN

Einen besonderen Fokus legt NTT DATA Business Solutions zudem auf die Förderung von Frauen. Weltweit beschäftigt das IT-Unternehmen mehr als 18.500 Mitarbeitende in über 30 Ländern, davon allein 892 in Bielefeld. Insgesamt liegt der Anteil von Frauen bei knapp 34 Prozent, davon arbeiten sieben Prozent in Führungspositionen. Eine davon ist Diversity Lead Germany, Daniela Siekmann. Gestartet hat die 46-Jährige ihre Karriere 2001 als Werkstudentin, anschließend war sie in der SAP-Beratung bei NTT DATA Business Solutions, damals noch itelligence, tätig. Später wechselte Siekmann nochmals intern auf eine Stelle mit weniger Reisetätigkeit und fand im Controlling eine neue Herausforderung: „Aus familiären Gründen bin ich schon in meinen frühen 20ern mit dem Thema Pflege in Kontakt gekommen. Das hat meine Sichtweise auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie geprägt. NTT DATA Business Solutions war bereits damals sehr offen und hat mich unterstützt“, lobt sie ihren Arbeitgeber. Das Unternehmen war auch während ihrer späteren Elternzeiten flexibel und hat ihr das Arbeiten in Teilzeit ermöglicht: „Auch wenn bei mir persönlich die individuelle Abstimmung mit meiner Führungskraft immer gut geklappt hat, so habe ich mich gefragt, was das Unternehmen als Rahmenbedingungen und Leistungen allen Mitarbeitenden noch bieten kann“, sagt die Mutter von zwei Kindern, die mittlerweile 13 und 16 Jahre alt sind.

PROFESSIONELLE BERATUNG DURCH EIN

EMPLOYEE-ASSISTANCE PROGRAM

So kam es, dass Daniela Siekmann 2018 bei der Gründung eines Frauen-Netzwerks bei der NTT DATA Business Solutions mitwirkte: „Aus meiner eigenen guten Erfahrung heraus wollte ich mich aktiv für das Thema Vereinbarkeit einsetzen.“ Ihr Ziel: Mitarbeitenden ein Unterstützungsangebot zu bieten, das sowohl Pflege als auch Kinderbetreuung umfasst. So ist das Unternehmen unter anderem eine Kooperation mit einem Dienst­-leister für ein sogenanntes Employee Assistance Program eingegangen. „Hier geht es darum, dass unsere Beschäftigten sowohl privat als auch beruflich Unterstützung erhalten. Auch emotionale Themen wie Trennungen oder Burn-out können so in einem geschützten Rahmen besprochen werden“, fasst Siekmann zusammen. Als 2020 eine Kollegin in die Elternzeit wechselte, übernahm sie, zunächst temporär, zusätzlich Aufgaben im Diversity Management. „Langfristig hat dieser Einsatz mir auch ganz persönlich eine Entwicklungsmöglichkeit und den Einstieg in die Personalarbeit geboten. Vor zwei Jahren habe ich mich entschieden, ganz in den Bereich zu wechseln, weil der Spagat zwischen Controlling und Personal auf Dauer zu groß war“, beschreibt sie ihre Beweggründe.

STRATEGISCHES DIVERSITY MANAGEMENT

UND SPEZIELLE NETZWERKE ETABLIERT

Im Diversity Management, einem seit 2019 eingerichteten Bereich in der Personalabteilung, arbeitet Siekmann mit einem Team daran, das Thema Vielfalt in der Belegschaft strategisch anzugehen. So freut sie sich — gemeinsam mit dem Vorstandsvorsitzenden Norbert Rotter und Chief People Officer Dieter Schoon — Gender-Referenzpunkte und damit eine Frauenquote im Unternehmen etabliert zu haben. „Es geht dabei nicht darum, eine Quote um der Quote willen zu erfüllen, sondern um die Förderung von qualifizierten Frauen“, betont Siekmann.

Vor zwei Jahren brachte die Managerin ein Frauenförderungsprogramm auf den Weg, um Frauen zu ermutigen, ihre Karriere und ihre Erfolge sichtbarer zu machen. Resilienz und der Umgang mit Führung seien ebenfalls Themen, die gelernt werden müssten: „Mein Ziel ist es, den Druck von unten zu erhöhen, um eine langfristige Veränderung in allen Führungsebenen zu be­-wirken“, beschreibt sie ihr Vorgehen.

Als Role Model setzt Daniela Siekmann auf Offenheit, steht zu ihren Grenzen und Schwächen und geht gemeinsam mit dem Diversity, Equity, Inclusion & Wellbeing Team mit Flexibilität auf die Unternehmensleitung und Mitarbeitenden zu. „Ich weiß, dass mein persönlicher Entwicklungsweg in den unterschiedlichen Unternehmensbereichen ein Privileg ist, der sicher auch darauf fußt, dass NTT DATA Business Solutions in den vergangenen 20 Jahren stark gewachsen und einer ständigen Transformation ausgesetzt ist.“ Im Tagesgeschäft setzt sie auf das intrinsisch motivierte Engagement von Mitarbeitenden-Gruppen — beispielsweise auch bei einem speziellen Väternetzwerk. „Die Bedürfnisse der Väter haben sich im Vergleich zu früher verändert, daher ist es wichtig, auch hier den Dialog und die Unterstützung zu fördern.“

AUSTAUSCH AUFRECHT ERHALTEN

Eine weitere Maßnahme aus dem familien- und lebensphasenorientierten Ansatz ist das „Stay in Touch“-Programm. Damit soll eine Verbindung zwischen Mitarbeitenden im Unternehmen und Mitarbeitenden in Elternzeit geschaffen werden, um den Austausch und die gegenseitige Unterstützung aufrecht zu erhalten. Außerdem werde gerade das Elternzeitprogramm weiterentwickelt: „Künftig könnte es Coaching-Stunden geben, sowohl vor als auch nach der Elternzeit, um Mitarbeitende besser begleiten zu können“, verrät Siekmann. Langfristig strebt sie mit ihrem Team an, dass Diversity in der Unternehmenskultur zur Normalität wird. Inzwischen habe NTT DATA Business Solutions ein globales Netzwerk aufgebaut und befasse sich beispielsweise auch mit Disability-Themen, etwa durch Keynotes zum World Health Day. „Es sollte selbstverständlich sein, dass bei Recruiting und Beförderungen auf eine ausgewogene Mischung geachtet wird. Diversity ist nicht mehr ‚Nice to have‘, sondern ein zentraler Faktor für den Unternehmenserfolg“, macht sie deutlich.

Silke Goller, Heiko Stoll

     

Die aktuelle Ausgabe zum Durchblättern